Wie hoch darf man Olivenöl erhitzen?
Kaum eine Frage wird uns im Zusammenhang mit Olivenöl öfter gestellt als jene nach dem Erhitzen. Kann man hochwertige Olivenöle auch zum Braten verwenden? Eignet sich natives Olivenöl zum Frittieren? Sind kaltgepresste Öle nicht zu schade zum Kochen? In diesem Artikel finden Sie die Antworten auf die "brennenden" Fragen zum Thema Olivenöl und dessen Verwendung in der (heißen) Küche.
1. Darf man (natives) Olivenöl erhitzen?
Ja, unbedingt! Wenn es ums Braten geht, ist Olivenöl eines der am besten geeigneten Produkte. Das sagen nicht nur Hersteller und Anbieter, sondern auch die Deutsche und Österreichische Gesellschaft für Ernährung. Folgende Faktoren bestimmen maßgeblich die Hitzeverträglichkeit von Fetten: die Zusammensetzung der Fettsäuren, der Rauchpunkt und enthaltene Antioxidantien.
Jedes Öl unterliegt einem Zersetzungsprozess durch die Einwirkung von Sauerstoff, Licht und Wärme. Durch die hohen Temperaturen beim Braten wird dieser sogenannte Oxidationsvorgang beschleunigt. Am schnellsten verderben dabei die mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Deshalb sollten Pflanzenöle mit einem hohen Anteil dieser Fettsäuren (z.B. Lein-, Walnuss- oder Sonnenblumenöl) nicht erhitzt werden. Olivenöl besteht nur zu 10 % aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Dadurch ergibt sich auch bei hohen Temperaturen eine gute Stabilität.
Ein weiterer Grund, der dafür spricht, möglichst hochwertiges Olivenöl zum Braten zu verwenden, ist der hohe Anteil an natürlich enthaltenen Antioxidantien. Diese Schutzstoffe wirken – wie der Name bereits vermuten lässt – ebenfalls der Oxidation des Öls entgegen und erhöhen somit die Hitzestabilität.
Der dritte wichtige Faktor sind die freien Fettsäuren. Dabei handelt es sich chemisch betrachtet um ein Zerfallsprodukt und es gilt: je weniger (je niedriger der Wert), desto besser! Olivenöle, die aus gesunden und unbeschädigten Oliven sofort nach der Ernte hergestellt werden, haben in der Regel einen sehr niedrigen Gehalt an freien Fettsäuren. Erlaubt sind bei Olivenölen „nativ extra“ Werte bis 0,8 Prozent. Hochwertige Olivenöle enthalten etwa 0,1 bis 0,3 Prozent. Bei raffiniertem Olivenöl werden die freien Fettsäuren chemisch entfernt.
Aus einem möglichst geringen Anteil an freien Fettsäuren resultiert ein hoher Rauchpunkt. Dies ist jene Temperatur bei der Öl bzw. Fett in der Pfanne zu rauchen beginnt und die giftige Substanz Acrolein freisetzt. Bei "nativem Olivenöl extra" liegt dieser Wert bei etwa 180 - 200 °C. Raffinierte Olivenöle qualmen erst bei circa 220 °C. Naturtrübe, ungefilterte Olivenöle können hingegen aufgrund der enthaltenen Schwebstoffe schon bei 130 °C zu rauchen beginnen, weshalb zum Erhitzen klare Öle verwendet werden sollten. Zum Braten und Frittieren ist eine Temperatur von 180 °C mehr als ausreichend.
Noch ein kurzer Abriss zur Ölsäure, die drei Viertel des Olivenöls ausmacht: Sie senkt das LDL-Cholesterin10 und schützt damit das Herz-Kreislauf-System. In den Mittelmeerländern erkranken wesentlich weniger Menschen an Arteriosklerose und Herzinfarkt und die großzügige Verwendung von Olivenöl in der mediterranen Küche ist dafür mitverantwortlich.1 Das gilt selbstverständlich auch, wenn das Öl erhitzt wird, also sollte es nicht egal sein, welches Fett in der Pfanne landet.
2. Darf man kaltgepresstes Olivenöl erhitzen?
Ja! Die Begriffe "kaltgepresst" oder "Erste Pressung" sind im Falle des Olivenöls gesetzlich geregelt und dürfen nur bei Produkten verwendet werden, die bei der Herstellung nie wärmer wurden als 27 °C. Allerdings sind diese Angaben heutzutage überholt und reines Marketing. Oliven werden schon lange nicht mehr heiß oder mehrfach gepresst. Qualitätsproduzenten versuchen sogar unter 25 °C zu bleiben um aromatische Veränderungen zu verhindern. Mit jedem Grad mehr läuft man Gefahr, dass durch enzymatische bzw. fermentative Prozesse Fehlaromen entstehen, wodurch das Produkt nicht mehr als "nativ extra" in den Handel gebracht werden dürfte. Von "Pressung" ist heute in der Regel ohnehin nicht mehr die Rede, da Olivenöl mittlerweile in den meisten Mühlen in Zentrifugen extrahiert wird.
3. Ist raffiniertes Olivenöl besser zum Erhitzen geeignet?
Nein! Australische Forscher verglichen in einer aktuellen Studie (Juni 2018) die Auswirkungen des Erhitzens auf "natives Olivenöl extra" mit einer Reihe anderer gebräuchlicher Speiseöle sowie raffiniertem Olivenöl. Sie fanden heraus, dass "natives Olivenöl extra" selbst bei hohen Temperaturen die sicherste und stabilste Wahl ist.6 Knapp dahinter folgte in der Studie übrigens Kokosöl, das ebenfalls bestens zum Braten und Frittieren taugt.
Der Rauchpunkt lag in der Untersuchung des "nativen Olivenöls extra" übrigens bei rund 207 °C und war praktisch gleich mit raffiniertem Olivenöl (208 °C). Der Grund, warum natives Olivenöl das beste Fett für die heiße Küche ist, sind die darin enthaltenen Polyphenole. Sie sind nicht nur gesund für den Menschen, sondern schützen auch das Öl vor aggressiven Fett-Radikalen. Oleuropein ist das am häufigsten vorkommende Polyphenol in Oliven. In einer zusammenfassenden italienischen Studie von 2014 konnten die Autoren zeigen, dass Oleuropein antioxidative, -entzündliche, -virale, -kanzerogene, -bakterielle, leberschützende und neuroprotektive Eigenschaften aufweist.8
4. Kann man mit Olivenöl frittieren?
Ja. In Olivenöl frittierte Pommes frites schmecken fantastisch und sind definitiv gesünder als in herkömmlichem Fett hergestellte. Natives Olivenöl hat nicht nur den Vorteil, dass es durch die enthaltenen Antioxidantien geschützt wird, es frittiert auch bei niedrigeren Temperaturen als andere Öle. Bei Olivenöl reichen etwa 150 - 160 °C, andere Öle müssen auf bis zu 190 °C erhitzt werden um das gewünschte Ergebnis - nämlich kross gebratenes Gargut - zu erzielen.1 Befüllt man die Fritteuse mit hochwertigem Olivenöl, wird die Küche von einem frischen Duft nach grüner Wiese, mediterranen Kräutern, Mandeln, Äpfeln und Bananen erfüllt. Klingt das nicht angenehmer als der Gestank nach altem, ranzigem Frittierfett?
Fazit
Der Begriff "kaltgepresst" ist überholt. Ein Olivenöl ist einem vielleicht zu teuer zum Erhitzen, aber es ist nie zu schade. Je hochwertiger ein Produkt ist, desto mehr Antioxidantien und weniger freie Fettsäuren (die u.a. bei schlampiger Herstellung entstehen und den Rauchpunkt negativ beeinflussen) enthält es. Sprich: Je besser ein Olivenöl, umso mehr ist es auch zum Erhitzen geeignet. rj
Literatur:
- März, A | Merum | Dossier Olivenöl | 5. Auflage
- Braunschweig, R | Pflanzenöle – Qualität, Anwendung und Wirkung | Stadelmann Verlag | 4. Auflage 2012
- Santangelo, D & M | Das Gold Italiens | Verlagsgruppe News Medienservice GmbH | 1. Auflage 2015
- DGE | Was Sie schon immer über Fette wissen wollten | Online-Abruf August 2018
- ÖGE | Fette | Online-Abruf August 2018
- Guillaume, C | Acta Scientific Nutritional Health | 6. Juni 2018
- Wikipedia | Olivenöl | Rauchpunkt | Smoke point | Frittieren | Raffination | Online-Abruf September 2018
- Pubmed | Effects of the Olive-Derived Polyphenol Oleuropein on Human Health | www.ncbi.nlm.nih.gov | Online-Abruf August 2018
- Gray, S | ACNEM Journal - Cooking with Extra Virgin OliveOil | Juni 2015
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs | Erhöhte Blutfette: Ernährungstipps | Online-Abruf September 2018